Ironman Hamburg 1. Juni 2025 - hanseatisches Flair

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MichaelRu
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Ironman Hamburg 1. Juni 2025 - hanseatisches Flair

Beitrag von MichaelRu » 2. Jun 2025, 16:09

Mit dem Juni beginnt alljährlich die deutsche Saison mit den großen Rennen. Für mich sind zwölf Monate vergangen, nachdem mir einige körperliche Schwachstellen an Hüfte und Knie einen herben Saisonabbruch nach dem Ironman Thun und der daraus folgenden Absage von Kalmar bescherten. Zu dem Zeitpunkt stellte ich vieles in Frage und musste in der Schlussfolgerung ein paar Punkte ändern. Ein Bestandteil war es, den Trainingsumfang von einem hohen auf ein mittleres Niveau umzustellen. Der andere Punkt war, endlich ein langfristiges Krafttraining als festen Bestandteil zur Ursachenbekämpfung in die frei gewordene Zeit zu investieren. So hatte ich ab September das Gefühl, eigentlich vier Disziplinen zu trainieren.

Im Februar taten sich bei steigendem Umfang des Medium-Trainingsplanes dennoch diffuse Beschwerden an der Kniescheibe nach den ersten Koppeleinheiten auf. Große Frustration. Die nächsten Wochen waren wieder von Hoffen und Bangen über die Ursache und die Teilnahme am Ironman Hamburg geprägt. Eine Recherche brachte mich zu einem Therapeuten, der mir zu den Reizungen sehr schnell Erkenntnisse auf den Weg gab und Übungen mit einem Plan anleitete. Es vergingen einige Wochen und es stellte sich zunehmende Besserung trotz Trainingsfortsetzung ein. Ende März hatte ich aus der „Swim-Squad“ ein freundschaftliches Angebot bekommen, das erste Mal auf die Kanaren zu fliegen. Mit wechselhaftem Gefühl der Belastbarkeit habe ich mich für diese Chance entschieden. Es war für mich das schönste zu merken, dass der Körper positive Signale zur Belastbarkeit sendete. Hamburg durfte kommen. Die letzten acht Wochen Trainingsblock konnte ich gut trainieren.
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Trainingslager eine Woche
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Wie immer vergehen die letzten Wochen vor dem Rennen sehr langsam und dann plötzlich ganz schnell. Das Hotel an der Alster im Stadtteil St. Georg war schon lange für Janine und mich gebucht. Sie kam gerade zwei Tage vor dem Rennen aus einem mehrwöchigen halbberuflichen Aufenthalt in Peru und so waren wir pünktlich wieder in gemeinsamer Rennvorbereitung.

Zu den Strecken des Rennens kann ich hier schon erwähnen, dass diese wirklich fantastisch sind und Hamburg meine Erwartung an Stimmung und Atmosphäre übertroffen hat. In Deutschland sticht neben Roth besonders Frankfurt hervor. Hamburg kann sich hier einreihen. Absoluter Wahnsinn, was die Fans hier für Kondition und kreative Ideen beim Anfeuern haben.

Schwimmen:
Angesetzt war der Rolling Start um 6:30 Uhr. Etwa um 4:30 Uhr im Hotel bekamen wir die E-Mail kurz vor Aufbruch, dass die Wechselzone wegen Gewitter vorerst nicht geöffnet wird und alle in Deckung bleiben sollen. Wilde Spekulationen begannen, wie sich das wohl auswirkt. So ein Riesenrennen mit allen Straßensperrungen usw. ist nämlich genau durchgetaktet. Wir beschlossen, um ca. 5:15 Uhr den halbstündigen Fußweg zu starten bevor der große Regen kommen sollte. Dort konnten wir in einem Container warten, was wohl als nächstes angesagt wird. Dank Vereinskollegem Domenik Rath, der im Profi-Hotel gastierte, bekamen wir plötzlich die exklusive Vorabinformation: Wechselzone öffnet um 6:30 Uhr und um 7:10 Uhr beschleunigter Rolling-Start. Nach dem Abwarten auf den Einlass begann der Stress: Rad fertig machen, Rennverpflegung auffüllen, Neoprenanzug anziehen und durch das Nadelöhr des Auslasses durch die Massen der Angehörigen zum Start gelangen. Einschwimmen und Aufwärmen nicht möglich. Domenik hatte mir zum Glück noch zwei Bananen mitbringen können, um meinen Magen mit der 1,5 stündigen Verspätung zu füllen.

Als ich in den Startbereich gelangte, sah ich schon, dass die Fahne mit der 1:05h - Gruppe kurz vor dem Wasser war. Hier wollte ich eigentlich stehen und kam erst viel später ins Wasser. Als Linksatmer galt es nun, immer ganz eng an den Bojen zur rechten zu schwimmen, ohne mit den anderen zu sehr ins Gefecht zu geraten. Hier waren natürlich alle Tempi durchmischt. Nach einem Kilometer hatte sich endlich ein konstantes Schwimmen gefunden. Richtig Druck habe ich dabei nicht aufgebaut , da ich dann zu oft aufgeschwommen wäre. Durch den späteren Start fiel zum Glück auch die in Hamburg befürchtete Sonnenblendung aus. Mit meiner Schwimmzeit von ca. 1:06h konnte ich zufrieden sein, ohne mich zu sehr belastet zu haben.

Radfahren:
Mein Rad stand ganz dicht am Beginn der Wechselzone. So galt es nach dem Ausziehen des Neos den Weg durch die längste Wechselzone der Welt, dem Ballindamm, zu absolvieren. Ich brauchte hierfür insgesamt unglaubliche 11 Minuten!!

Die Radstrecke verläuft erst durch den Wallringtunnel entlang vom Hauptbahnhof über die Landungsbrücken mit Blick auf die Elphi und die Speicherstadt. Hier bekam ich viele Erinnerungen an den Hamburg Marathon. Die Straßen waren voller Schlaglöcher, abgesackter Kanaldeckel und Baustellen. Es waren viele Pannen am Straßenrand zu sehen, bei denen ich Durchschläge an den Schläuchen vermutete. Trotzdem empfand ich die Strecke mit der Kulisse als sehr beeindruckend. Das macht Ironman in den großen Städten aus. Nach einem Abschnitt durch Industriegebiete ging es bei Kaltenhofe an die Elbe mit Spadenland, Zollenspieker Fährhaus, Altengamme und zurück in die City über eine große Schleife durch das idyllische Hinterland. Alles flach. Für mich als leichter Fahrer mit zu wenig Gesamtleistung auf der Pedale war es nicht so einfach, mit den anderen mitzuhalten. Nun konnten gefühlt hunderte langsamere Schwimmer mit dem Rad wieder überholen. Darauf hatte ich mich mental eingestellt und hoffte, dies im Marathon wieder ausgleichen zu können. Die Radzeit war dann 5:24h für die knapp 180km. Mein Gefühl in den Beinen war ganz gut und ich war zum Glück recht diszipliniert gefahren.

Laufen:
Die Beine fühlten sich schon zu gut an und so war ich mir recht sicher, hier in einer Pace zwischen 4:15 und 4:30 durchlaufen zu können. Da hatte ich mich verschätzt und nicht daran gedacht, dass mein Trainingsplan eben nur auf medium ausgelegt und nicht mit den Vorjahren vergleichbar war. Die Stimmung hat mich natürlich mitgerissen.
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Erste Hälfte der Laufstrecke - Foto by Clemens
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Bei Kilometer 25 begann der harte Teil und ich sagte Janine an der Strecke „jetzt muss ich drosseln“. Je nach Streckenabschnitt und Gefühlslage ging es mir mehr oder wenig besser bzw schlechter. Der Entschluss war, jetzt den Rest in einer 5er Pace ins Ziel zu bringen. Nach Kilometer 32 ging es mir auch wieder einigermaßen und ich konnte unter der Pace bleiben. Dennoch kosten die Verpflegungsstellen einfach zu viel Zeit, die ich dann nicht mehr herauslaufen konnte. In der Hoffnung, noch unter 10h zu bleiben, zählte ich die letzten Kilometer und kalkulierte Minuten. Mit einem 3:19h Marathon sollte es dann um vier Minuten nicht reichen, was mich insgesamt aber nicht weniger zufrieden macht. Letztlich ist das nur Ergebnis-Kosmetik. Endzeit also 10:04h :).

An Domenik an dieser Stelle einen dicken Glückwunsch zur sub10h!!
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Medaille auf Finisher-Shirt
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WernerR
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Re: Ironman Hamburg 1. Juni 2025 - hanseatisches Flair

Beitrag von WernerR » 5. Jun 2025, 16:20

Herzlichen Glückwunsch!! ...und vielen Dank für den stimmungsvollen Bericht!

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